Verhalten bei Gewitter - wie sich Radfahrende schützen können

Sommergewitter kommen oft schnell und unerwartet. Für Radfahrende im Freien können sie lebensgefährlich werden.

29. August 2023
4 Minuten

Im Sommer ist das Fahrrad für viele das Verkehrsmittel der Wahl. Ob für eine Radtour oder den kurzen Weg zum Einkaufen, die meisten Strecken lassen sich flexibel mit dem Drahtesel zurücklegen. Doch gerade in der warmen Jahreszeit kann das Wetter schnell umschlagen und Radfahrende unterwegs mit Gewitter überraschen. In solcher Situation besteht Lebensgefahr. Jedes Jahr sterben in Deutschland bis zu vier Menschen durch einen Blitzschlag, durchschnittlich 110 werden verletzt. „Runter vom Gas“ gibt wichtige Hinweise, wie sich Radfahrende bei Gewitter verhalten sollten.

Vor der Fahrt das Wetter checken

Wer eine längere Radtour plant, sollte sich vor der Abfahrt unbedingt über das Wetter informieren. Egal ob per Smartphone, Radio, Fernsehen oder Internet: Regelmäßige Nachrichten machen es leicht, über die Wetterlage auf dem Laufenden zu bleiben. Spezielle Wetter-Apps bieten eine Live-Karte mit Wolkenformationen und Niederschlagsmengen sowie eine stündliche Wettervorhersage. Sagt der Wetterbericht starken Regen oder Gewitter voraus, sollte die Tour verschoben oder eine alternative Route gewählt werden. Dennoch sind Unwetterüberraschungen unterwegs möglich, sodass man die Verhaltensregeln bei Gewitter im Freien kennen sollte.

Gewitter frühzeitig erkennen – ohne Wetterbericht

Für viele Radfahrende ist es schwierig, ein aufziehendes Gewitter während der Tour richtig einzuschätzen. Dunkle Wolken am Horizont und ein tiefes Grollen sind die ersten Anzeichen eines Gewitters, doch oft dauert es nur wenige Minuten, bis es zu regnen und zu stürmen beginnt. Frühzeitig lässt sich ein Gewitter oft schon morgens an dichten, turmförmigen Haufenwolken mit dunkler Basis erkennen, die sich zu einem ambossartigen Wolkenturm zusammenballen. Sie sind ein typisches Anzeichen dafür, dass am Nachmittag oder Abend ein Gewitter aufziehen kann.

Die genaue Entfernung eines Gewitters lässt sich leicht berechnen. Zählt man die Sekunden zwischen Blitz und Donner und teilt das Ergebnis durch drei, erhält man die Entfernung zum Gewitter in Kilometern. Zählt man zum Beispiel 15 Sekunden zwischen Blitz und Donnerknall, so ist das Gewitter etwa fünf Kilometer entfernt. Ab dieser Entfernung besteht im Freien Gefahr durch einen Blitzschlag und man sollte unverzüglich Schutz suchen.

Absteigen und Abstand zum Fahrrad

Und wenn das Gewitter einen unterwegs mit dem Rad doch überrascht? Unverzüglich absteigen, Hände weg vom Rad und Abstand halten! Fahrräder ziehen den Blitz zwar nicht unbedingt an, aber das Metall leitet den Strom über die Erde im Umkreis von zehn Metern. Wenn also ein Blitz in ein Fahrrad einschlägt, besteht für umstehende Personen die Gefahr eines Stromschlags. Daher sollte man sein Fahrrad umgehend abstellen, so dass es möglichst keine anderen Verkehrsteilnehmenden behindert, und mindestens zehn Meter Abstand halten.

Richtig Schutz suchen

Der erste Impuls bei einem Gewitter sollte sein: Sofort Schutz suchen! Doch wie Radfahrende sich bei einem Gewitter richtig in Sicherheit bringen, hängt vor allem von den örtlichen Gegebenheiten ab und ist überlebenswichtig.

Bei Gewitter sind frei stehende Bäume, Türme, Holzmasten und Überlandleitungen unbedingt zu meiden. Hohe Bauwerke ohne Blitzableiter ziehen die elektrische Entladung des Blitzes an. Die Wahrscheinlichkeit, hier von einem Blitz getroffen zu werden und schwerste oder gar tödliche Verletzungen zu erleiden, ist sehr hoch.

Sicheren Schutz vor Gewitter bieten alle Gebäude mit Blitzableitern und Fahrzeuge mit einer Ganzmetallkarosserie. Auch große Brücken aus Stahlbeton bieten Schutz, da sie wie ein Blitzableiter wirken. Hier können sich Radfahrende sicher unterstellen. Das Fahrrad sollte man dabei unbedingt vor der Brücke abstellen und keine Metallteile wie zum Beispiel Geländer berühren.

Wer im Physikunterricht aufgepasst hat, kennt den Faradayschen Käfig. Dieses Phänomen bezeichnet eine geschlossene Hülle aus elektrischen Leitern, welche den Innenraum elektrisch abschirmt. Der Blitzstrom fließt zur Erde ab. Jeder geschlossene Pkw und Lkw besitzt diese physikalische Eigenschaft. Das bedeutet, dass Autos bei Gewitter einen Schutz bieten. Fahrradfahrende, die sich also in der Nähe von Freunden oder Bekannten mit Auto aufhalten, können in ihrem Fahrzeug Unterschlupf finden. Achtung: Wohnwagen oder Cabrios ohne Dachgerüst oder Überrollbügel aus Metall bieten keinen Schutz.

Achtung im ländlichen Raum

Besondere Vorsicht ist bei Schutzhütten auf dem Land oder im Gebirge geboten: Nicht alle Hütten haben Blitzableiter und können aufgrund ihrer Größe Blitze anziehen. Radfahrende informieren sich am besten anhand von Hinweisschildern an den Gebäuden oder bei den Hüttenwirtinnen und Hüttenwirten, ob das Gebäude wetterfest ist.

Wälder bieten bei Gewitter relativ guten Schutz, wenn alle Bäume etwa gleich hoch sind. Einzeln herausragende hohe Bäume sollte man dagegen meiden. Da von herabfallenden Ästen sowie umstürzenden Bäumen eine zusätzliche Gefahr ausgeht, sollten man sich bei möglichst jungen und niedrigen Bäumen unterstellen. Wer im Wald von einem Gewitter überrascht wird, sollte diesen keinesfalls panikartig verlassen. Gerade an Waldrändern und auf Lichtungen schlagen Blitze häufiger in einzelne Bäume ein als im dichten Inneren des Waldes.

Im freien Gelände überrascht

Ist im freien Gelände kein Gebäude in Sicht, sollten sich Fahrradfahrende bei einsetzendem Gewitter sofort vom Rad entfernen und in der tiefsten Stelle im Gelände wie Graben, Mulde oder Senke die Schutzhaltung einnehmen: mit geschlossenen Beinen in die Hocke gehen, Arme, Beine und Kopf eng an den Körper ziehen und die Füße eng geschlossen halten. So ist die Gefahr, von einem Blitz getroffen zu werden, am geringsten.

Da Gewitter eine ernst zu nehmende Gefahr sind, sollten Radfahrende sich vor einer längeren Tour unbedingt über das Wetter informieren und die Verhaltensregeln für den Ernstfall kennen.

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