Mit dem Elektro-Rollstuhl im Straßenverkehr

Gegenseitige Rücksichtnahme für ein sicheres und selbstbestimmtes Ankommen. 

11. Januar 2024
3 Minuten

Elektrische Rollstühle, offiziell genannt motorisierte Krankenfahrstühle, sind essenzielle Mobilitätshilfen für Menschen, die körperlich eingeschränkt sind. Damit sind die Betroffenen nicht nur im häuslichen Umfeld und über weitere Distanzen mobil, sondern können auch selbstbestimmter am öffentlichen Leben teilhaben. So lassen sich Einkäufe selbstständig und unabhängig erledigen, Freude besuchen oder Arzttermine wahrnehmen Doch wie kommen Rollstuhlfahrende mit den motorisierten Hilfsmitteln sicher von A nach B? Für eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr sind Herausforderungen beim Bewältigen der Wege zu meistern und einige Regeln zu beachten. „Runter vom Gas“ erklärt diese und gibt Empfehlungen, damit Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer ihre Ziele sicher erreichen.

Was ist ein motorisierter Krankenfahrstuhl? 

Motorisierte Krankenfahrstühle gelten gemäß der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) als Kraftfahrzeuge. Sie sind einsitzig, höchstens 1,10 m breit, haben einen Elektroantrieb, dürfen ein Gesamtgewicht von 500 kg samt Fahrerin oder Fahrer nicht überschreiten und ihre bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit darf nicht mehr als 15 km/h betragen. 

Des Weiteren dürfen sie von Personen, die solch einen speziellen Rollstuhl verordnet bekommen haben, ohne Fahrerlaubnis gefahren werden. Diese benötigen dafür weder eine Zulassung noch einen Ausweis für Menschen mit Schwerbehinderung.  

Wenn die motorisierten Hilfsmittel schneller als 6 km/h fahren können, ist eine Betriebserlaubnis erforderlich. Zudem sind sie versicherungspflichtig und müssen ein entsprechendes Versicherungskennzeichen führen. Bei Elektro-Rollstühlen bis maximal 6 km/h reicht eine private Haftpflichtversicherung. Bei schnelleren Gefährten ist eine separate Kfz-Haftpflichtversicherung notwendig. Die Fahrenden sollten zur Sicherheit die Betriebserlaubnis und den Versicherungsnachweis immer dabeihaben. Im öffentlichen Verkehr müssen Krankenfahrstühle mit Elektroantrieb außerdem mit den vorgeschriebenen lichttechnischen Einrichtungen ausgerüstet sein. Dazu gehören Fahrscheinwerfer, Rückleuchten, Rück- und Seitenstrahler sowie bei geschlossenen Krankenfahrstühlen Fahrtrichtungsanzeiger, auch Blinker genannt.

Was Rollstuhlfahrende wissen sollten

Doch wo ist es erlaubt, mit den motorisierten Mobilitätshilfen unterwegs zu sein? Als Kraftfahrzeuge unterliegen diese speziellen Rollstühle nach § 2 Abs. 1 der StVO der sogenannten Fahrbahnbenutzungspflicht. Das bedeutet, dass sie wie Autos auch auf der Straße fahren müssen.

Den Elektro-Rollstuhl regelmäßig warten

Um jederzeit sicher unterwegs zu sein, muss der motorisierte Krankenfahrstuhl einwandfrei funktionieren. Deswegen sollte er regelmäßig gewartet werden. Vor allem die Bremsen und der Antrieb sollten hierbei unter die Lupe genommen werden. Sanitätshäuser können den Kontakt zu entsprechenden Fachwerkstätten herstellen.

Es gibt allerdings eine wichtige Ausnahme: Wer seinen motorisierten Krankenfahrstuhl in Schrittgeschwindigkeit fährt, darf nach § 24 Abs. 2 StVO auch Gehwege und Fußgängerzonen befahren, wenn es die Gegebenheiten vor Ort zulassen. In diesem Fall gelten die fahrenden Personen als zu Fuß Gehende und haben daher an Zebrastreifen und Fußgängerampeln Vorrang. Aus Sicherheitsgründen ist es ratsam, bevorzugt Gehwege zu nutzen. Ist man damit auf der Fahrbahn unterwegs, so gelten die Regeln, die auch für alle anderen Fahrzeuge vorgeschrieben sind.

Wichtig zu wissen: Radwege dürfen mit motorisierten Krankenfahrstühlen grundsätzlich nicht genutzt werden. Werden Radwege gequert oder zum Auf- und Abfahren von der Fahrbahn sowie dem Gehweg genutzt, ist besondere Vorsicht geboten. Denn Fahrradfahrende rechnen meist nicht damit, dass ein Rollstuhl von der Fahrbahn oder dem Gehweg über den Radweg fährt.

Auf den richtigen Wegen sicher unterwegs

Für viele Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, wird ein Begriff unweigerlich Teil ihres Lebens: die Barrierefreiheit. Der innerstädtische Straßenverkehr ist oft hektisch, unübersichtlich und voller Hindernisse, die für Rollstuhlfahrende besondere Herausforderungen darstellen.

Nicht alle Orte sind barrierefrei zugänglich und auch im Straßenverkehr können hohe Bordsteine, enge Bürgersteige oder Baustellen Hindernisse darstellen. Rollstuhlfahrende sollten deswegen ihre Wege nach Möglichkeit im Voraus planen und sich über das Angebot an Aufzügen und Rampen informieren, bevor sie zum ersten Mal mit dem Rollstuhl an einem unbekannten Ort unterwegs sind.

Für ein sicheres Vorankommen ist die Beschaffenheit der Strecke wichtig. Rasen, Sand, Kies und Schnee sind mit den schmalen Reifen der Rollstühle kaum befahrbar. Rollstuhlfahrende sollten sich deswegen, wenn möglich, an ebenen Untergrund und befestigte Wege halten. Schlaglöcher und tiefe Pfützen können den Rollstuhl aus dem Gleichgewicht bringen. Darum sollte man bewusst auf Bodenbeschaffenheit und mögliche Gefahrenquellen achten.

Bei längeren oder schwierigen Strecken sind der ÖPNV, Fahrdienste oder sogenannte Rollstuhltaxis für Menschen mit körperlicher Einschränkung eine alternative Möglichkeit sicher von A nach B zu kommen.

Verhalten im Straßenverkehr

Nicht nur eine gute Planung, sondern auch vorausschauendes Fahren sind im Straßenverkehr wichtig. Rollstuhlfahrende nutzen zum Überqueren der Fahrbahn am besten nur sichere Stellen wie Fußgängerampeln, Fußgängerüberwege oder Verkehrsinseln und solten sich vergewissern, dass auf der gegenüberliegenden Seite der Bordstein abgesenkt ist. Wer auf der Fahrbahn unterwegs ist, sollte beim Einfädeln in den Straßenverkehr besonders vorsichtig sein.

Wegen der sitzenden Position haben Menschen in einem motorisierten Krankenfahrstuhl eine geringe Höhe und werden daher von Kraftfahrzeugfahrenden nicht immer gut gesehen. Schlecht einsehbare Stellen, wie zum Beispiel die Lücken zwischen parkenden Autos sind grundsätzlich nicht dafür geeignet, die Straße sicher zu überqueren und besonders Personen im Rollstuhl sollten darauf verzichten.

Mit gegenseitiger Rücksicht gut ankommen

Verkehrsteilnehmende, die einer Person in einem motorisierten Krankenfahrstuhl im Straßenverkehr begegnen, sollten sich besonders vorsichtig verhalten. Zu Fuß Gehende können Mitmenschen im motorisierten Krankenfahrstuhl unterstützen, indem sie ihnen den Weg frei machen und ihnen bei engen oder schlecht einsehbaren Stellen Hilfe anbieten.

Erblicken Autofahrende einen Rollstuhl auf der Fahrbahn und ist ein sicheres Überholen möglich, dann dürfen sie diesen mit ausreichendem seitlichen Abstand überholen und müssen dabei mit Ausweichbewegungen rechnen. Ist ein Überholvorgang aus Platzmangel nicht möglich gilt: so lange hinter herfahren, bis ein sicheres Überholen möglich ist.

Zu dichtes Auffahren oder hupen sind verboten!

Rollstuhl-Fahrende müssen sich bei Dämmerung und Dunkelheit zu ihrer eigenen Sicherheit für andere Verkehrsteilnehmende gut sichtbar machen. Dafür kann man neben der vorgeschriebenen Beleuchtung am Fahrzeug zusätzlich hinten und vorne am Rollstuhl LED-Leuchten anbringen und helle Kleidung mit retroreflektierenden Elementen tragen.

Auf Personen in motorisierten Rollstühlen sollten andere Verkehrsteilnehmende besonders Rücksicht nehmen und so dazu beitragen, dass alle Menschen unserer Gesellschaft sicher und selbstbestimmt am Straßenverkehr teilnehmen können.

Bilder: Shutterstock, Getty Images